One Stop Shop (OSS) – Was bedeutet das?

Headerbild zum Blogbeitrag über den OSS 2024

Seit dem 1. Juli 2021 gibt es eine bedeutende Neuregelung im europäischen Mehrwertsteuerrecht: den One Stop Shop (OSS). Diese Neuerung ist besonders für Unternehmen interessant, die grenzüberschreitende Lieferungen an Endverbraucher in der Europäischen Union (EU) tätigen. In diesem Beitrag erfahren Sie, was der One Stop Shop genau ist, welche Vorteile er bietet, aber auch, wo seine Grenzen liegen.

Was genau ist der OSS?

Der One Stop Shop ist ein elektronisches Verfahren, das es Unternehmen ermöglicht, die Mehrwertsteuer für grenzüberschreitende Lieferungen an Endverbraucher in anderen EU-Mitgliedstaaten zentral über das eigene nationale Finanzamt zu deklarieren. Dies vereinfacht den Prozess erheblich, da Unternehmen ihre Umsatzsteuer nicht mehr in jedem Land, in das sie liefern, einzeln anmelden müssen.

Vor dem 1. Juli 2021 galt eine Regelung, die sogenannte „Lieferschwellen“ vorsah. Wenn ein Unternehmen Waren in ein anderes EU-Land verkaufte und eine bestimmte Umsatzgrenze in diesem Land überschritt, musste es sich dort mehrwertsteuerlich registrieren und die Steuer abführen. Diese Lieferschwellen wurden mit der Einführung des OSS zentralisiert und in ein einheitliches Umsatzlimit für die gesamte EU überführt.

Die Neuregelung der Lieferschwellen seit dem 01.07.2021

Mit der Neuregelung sind die individuellen Lieferschwellen je EU-Land entfallen und durch eine EU-weite Schwelle von 10.000 Euro ersetzt worden. Überschreiten die Netto-Umsätze eines Unternehmens aus grenzüberschreitenden Verkäufen innerhalb der EU diese Grenze, wird die Mehrwertsteuer in dem Land fällig, in dem der Endverbraucher ansässig ist.

Durch den One Stop Shop können Unternehmen, die diese Schwelle überschreiten, die fällige Mehrwertsteuer über eine zentrale Plattform – den OSS – in ihrem eigenen Land erklären und abführen. Dies spart erheblichen Verwaltungsaufwand, da keine Registrierung in mehreren EU-Staaten erforderlich ist.

Vorteile des One Stop Shop

Der One Stop Shop bietet Unternehmen mehrere Vorteile:

Vereinheitlichte Schwelle: Die Einführung einer einheitlichen Lieferschwelle von 10.000 Euro für alle EU-Länder sorgt für Transparenz und erleichtert die Berechnung, ab wann eine Registrierung über den OSS notwendig wird.

Zentralisierte Mehrwertsteuererklärung: Unternehmen müssen sich nur noch in einem einzigen EU-Land mehrwertsteuerlich registrieren, unabhängig davon, in wie viele EU-Länder sie ihre Waren liefern. Dies reduziert den Verwaltungsaufwand erheblich.

Zeitersparnis: Die Komplexität, sich in verschiedenen Ländern über unterschiedliche Systeme und Verfahren um die Mehrwertsteuer zu kümmern, entfällt. Dadurch sparen Unternehmen Zeit, die sie in ihre Kernprozesse investieren können.

Vereinfachte Prozesse für den Online-Handel: Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen, die Online-Verkäufe in mehrere EU-Länder tätigen, ist der OSS ein großer Schritt in Richtung Effizienz. Er reduziert die Notwendigkeit, sich mit der jeweiligen Mehrwertsteuerregelung in den einzelnen Ländern auseinanderzusetzen.

Grenzen des One Stop Shop

Trotz seiner zahlreichen Vorteile hat der One Stop Shop auch seine Grenzen:

Voraussetzung: EU-weite Umsätze: Der OSS ist nur dann erforderlich, wenn die EU-weiten Umsätze über der Schwelle von 10.000 Euro liegen. Für kleinere Unternehmen, die unter dieser Grenze bleiben, gelten weiterhin die alten Regeln, bei denen die Umsatzsteuer im Heimatland zu entrichten ist. Unternehmen, die knapp über diese Schwelle kommen, müssen sich auf eine komplexere Verwaltung einstellen.

Gilt nur für B2C-Verkäufe: Der OSS kann ausschließlich für Verkäufe an Endverbraucher (B2C) genutzt werden. Unternehmen, die grenzüberschreitend an andere Unternehmen (B2B) liefern, müssen weiterhin die regulären Regelungen zur Mehrwertsteuer anwenden, was unter Umständen nach wie vor eine Registrierung im Empfängerland erforderlich macht.

Nicht für alle Waren und Dienstleistungen anwendbar: Bestimmte Waren oder Dienstleistungen sind vom OSS-Verfahren ausgenommen. Unternehmen müssen genau prüfen, ob ihre Produkte unter die OSS-Regelungen fallen oder ob sie weiterhin separate Mehrwertsteuerregelungen in den jeweiligen Ländern beachten müssen.

Komplexität bei mehreren Verkaufsplattformen: Unternehmen, die über verschiedene Online-Plattformen verkaufen, könnten Schwierigkeiten haben, alle Daten korrekt zu aggregieren, um die OSS-Meldungen ordnungsgemäß zu übermitteln. Die richtige Datenverwaltung wird hier entscheidend sein.

Risiken beachten, aber großartige Chancen nutzen

Der One Stop Shop (OSS) bringt eine erhebliche Vereinfachung für den Online-Handel und grenzüberschreitende Lieferungen an Endverbraucher innerhalb der EU. Er reduziert den administrativen Aufwand und sorgt dafür, dass Unternehmen nicht in jedem EU-Land separat mehrwertsteuerlich registriert sein müssen. Doch die Nutzung des OSS ist nicht ohne Herausforderungen, und es gibt klare Grenzen, wann und wie er angewendet werden kann.

Für Unternehmen, die regelmäßig grenzüberschreitend tätig sind, lohnt sich eine genaue Prüfung, ob der One Stop Shop in ihrer Situation sinnvoll ist und welche Prozesse angepasst werden müssen, um den vollen Nutzen aus dieser Regelung zu ziehen. Insbesondere bei der Abgrenzung zu B2B-Geschäften und spezifischen Ausnahmen sollte genau hingeschaut werden, um böse Überraschungen zu vermeiden.



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